2 Wochen danach

Seit zwei Tagen bin ich jetzt wieder zuhause. Und ich kann sagen: Nichts ist schöner! Wieder mit Judith zusammen, wieder in unserer kuscheligen Wohnung, wieder daheim, geborgen, zufrieden und glücklich. Unser himmlisches Bett hab ich ebenso vermisst, wie unseren Weihnachtsbaum, unser Wohnzimmer, unsere Küche und all das, was ein Zuhause vertraut und gemütlich macht. Judith ist ein Engel! Sie kümmert sich rührend, bringt mir alles, was ich brauche, nimmt mich in den Arm, freut sich mit mir, kocht und putzt und gibt sich jede erdenkliche Mühe, mir den Wiedereinstieg in einen normalen Alltag zu erleichtern. Und sie reflektiert mit mir. Die letzten Wochen, mein Glück, meine Ängste, meine Freude, unser Leben und unsere Zukunft. Erst heute wieder hatten wir beim Frühstück eine wunderbare Unterhaltung über das Universum und den ganzen Rest.

Etwa alle drei Stunden muss ich mich quälen. So langsam stellt sich eine gewisse Routine ein und ich hoffe, dass das in den nächsten Tagen noch deutlich besser wird. Bisher ist es nämlich sehr anstrengend. Aber auch da bin ich zuversichtlich. Jedenfalls hab ich mir schon eine gewisse Verfahrensweise zurechtgelegt, die es mir so angenehm wie möglich macht: Ich liege quer auf unserem Sofa im Wohnzimmer, stütze meinen Rücken an der seitlichen Lehne ab und habe alle notwendigen Utensilien griffbereit neben mir auf dem Wohnzimmertisch. Ja, ich hab auch schon zweimal was vergessen – das ist echt doof, aber auch das werd ich hoffentlich noch lernen.

Die Prozedur dauert (mit vorherigem Besuch der Toilette) immernoch knapp ne halbe Stunde, aber es wird besser. Tagsüber lass ich den Platzhalter auch mal für eine Phase (also 2-3 Stunden) draussen, was ich als extrem angenehme „Erholungspause“ empfinde. Es spannt doch alles noch sehr und ist ungeheuer empfindlich. Letzte Nacht z.B. muss wohl der eine der beiden Schläuche, die aus dem Platzhalter kommen, seitlich etwas verrutscht sein und lag anscheinend quer über meiner neuen Klitoris. Als ich von dem Schmerz aufwachte, wäre ich am liebsten aus meinem Körper gesprungen und die arme Kleine ist immernoch überreizt. Überhaupt scheint mir der Platzhalter für diesen Zweck nicht optimal konstruiert zu sein. Ich muss mich bei Gelegenheit mal erkundigen, wozu das Ding ursprünglich gedacht war und ob man das nicht eventuell verbessern könnte. Ein-zwei Vorschläge hätt‘ ich da zu machen…

Gestern hat Judith mich berührt. Also meine neue Muschi. Ganz neugierig und vorsichtig. DAS war schön! Wir hatten vorher schon darüber gesprochen und sie meinte, dass ich Bescheid geben solle, sobald es für mich ok wäre. Und das war es. Ich lag ganz entspannt (bei einer der Routine-Prozeduren) auf dem Sofa und schloss die Augen. Plötzlich spürte ich ihre zarte Berührung an meinen neuen Regionen. Und es war vollkommen überraschend, neu und wunderbar. Ein warmes Gefühl durchfloss meinen Unterleib, ausgehend von ihren Fingerspitzen. Es fühlte sich an, als ob meine Muschi sich anspannte. Da war aber nix. Keine Erektion, kein Schwanz, nix. Nur mein Gefühl. Irre! Unfassbar, neu und verheissungsvoll auf das, was da noch kommen wird. Und dann war es vorbei. Kurz, zart, liebevoll und unschuldig. Allein dafür war es das Alles schon wert.

Heute ist nix weiter geplant (Judith ist grad einkaufen), aber für morgen haben wir uns wieder Freunde eingeladen – ich freu mich sooo drauf! Morgen sind’s dann genau zwei Wochen nach der OP – krass. Heute vor zwei Wochen sass ich um diese Uhrzeit bereits auf meinem Bett im Krankenhaus und goss diese zwei ekelhaften Liter in mich rein. Ihr kennt die Geschichte. Und ich bin froh, dass wir sie aufgeschrieben haben, denn es verschwimmt für mich alles wie im Nebel. Und es scheint mir wesentlich länger als zwei Wochen her zu sein. Komisch. Aber es ist viel passiert. Und ich bin wohl immernoch dabei, es zu begreifen. Vermutlich noch ne ganze Weile. Aber eines weiss ich jetzt schon: Trotz Rückschlägen, kurzzeitiger Panik, Schmerzen und Unannehmlichkeiten – wenn ich im Schlafzimmer nackt vor unserem mannshohen Spiegel stehe, dann gefällt mir, was ich sehe und ein nie gekanntes Glücksgefühl durchströmt mich. Und ich würde es wieder tun! Ohne Zweifel.

9 Antworten zu “2 Wochen danach

  1. Hallo Susanne und Judith,

    Ich lese euren blog jetzt schon eine Weile und ihr berührt mich sehr in eurer Ehrlichkeit und Offenheit. Ihr seid oft in den letzten Tagen Inhalt von Gesprächen gewesen, besonders im Zusammenhang mit meiner Tochter. Sie ist fast 15 und als wir kürzlich zum Sonntagsfrühstück im pub waren, traf sie zum ersten Mal auf eine Bekannte von mir, welche kürzlich wegen ihrer Transsexualität den Armeedienst quittiert hat. A. Steht noch vor ihrer GAOP und hat noch einen langen Weg zu gehen.
    Ich empfand es als sehr schön mit meiner Tochter dieses Gespräch zu führen und freue mich zu sehen wie doch jede neue Generation die Wahl hat offener für neue Themen zu sein.
    In meiner Arbeit als Sexualtherapeutin sehe Ich sehr oft wie Menschen unter Vorurteilen leiden, sowohl den eigenen als auch denen Anderer.
    Deshalb Danke, daß Ihr mit eurem blog helft einfach auch die ganz ehrliche menschliche Seite zu erfahren!
    Seid lieb gegrüßt und gute Genesung!

  2. Wenn man bedenkt das, wie bei anderen großen OPs, der Körper als Ganzes extrem belastet wird. so ist es mehr als normal falls es die eine oder andere Unpäßlichkeit gibt.

    Selbst wenn man meint fit wie ein Turnschuh zu sein sollte man sich doch vor Augen halten das der Körper doch länger braucht bis er sich richtig erholt hat. Ungeduld wird gestrichen.

    Daher, alles genießen, auch die Ruhe – lieber nix übertreiben.

  3. Wunderschön für Dich, daß und wie Du das alles erleben konntest und wunderschön für uns, daß und wie Du uns alle daran mitfühlen ließest !
    Mit diesem Blog hast Du einerseits gezeigt, daß es sehr wichtig ist, vertraute Menschen an der Seite zu haben, die wichtige Entscheidungen mittragen, ergo Unterstützung & „Rückendeckung“ geben und hast andererseits Vielen Mut gemacht und Kraft gegeben, endlich zu sich selbst zu stehen und ihre Träume zu leben – und das bezieht sich keineswegs nur auf eine GAOP !
    Ich danke Dir SEHR dafür !

  4. Ich freue mich riesig mit dir, susanne, und natürlich auch mit dir, judith!
    Alles, alles Gute für 2011 wünscht euch zwei Glücklichen

    Günter

  5. Der Stent wird Dir jetzt öfter rausrutschen. Hast Du nicht die quadratischen Mullbinden bekommen? Da habe ich immer Ovestine draufgeschmiert und auf die Klit gepackt.
    Das sind Deine Muskeln, die den Stent rausdrücken und auf die Klit drücken, wird jetzt immer öfter passieren. Versuch mal bewusst den rauszupressen. Davon werden die müde, der Stent bleibt länger drin und nach einer Weile macht das richtig Spaß.
    Ein schönes weiches Spielzeug, mit Sleeve Kits sind die weichesten, ist dann eine sinnvolle anschaffung. Instalgel hast Du sicher genug bekommen.
    Wenn Du zu Ovestinrezepten extra zuzahlen musst, frag mal nach Estriol. Hat die gleichen Wirkstoffe und es wird nur der Mindestzuzahlungsbeitrag verlangt.
    Beste Genesungswünsche

  6. gute Idee den Konstrukteuren Verbesserungsvorschläge zu geben wie das Ding besser klappt, kaum jemand hat sowas selbst mal getragen…
    in Ruhe sinnieren können, ausschlafen, die kleinen Wunder entdecken… Du hast jetzt, zuhause, alle Zeit der Welt. Seufz, ist das schön *schnief*

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